Eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung wird auch als negativistische Persönlichkeitsstörung bezeichnet. Menschen, die davon betroffen sind, haben eine negative Einstellung und zeigen gegenüber Anforderungen, die von anderen Menschen kommen, einen passiven Widerstand. Häufig fühlen sie sich missverstanden, ungerecht behandelt oder zu stark in die Pflicht genommen. Die Menschen verhalten sich widersprüchlich und trotzig. Häufig sind sie streitsüchtig.
Merkmale, die eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung kennzeichnen
Menschen mit einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung haben gegenüber den Anregungen und Leistungsanforderungen von anderen Menschen eine negative Einstellung oder eine abwertende Grundhaltung. Sie können das verbal oder nonverbal äußern und ein mürrisches bis streitsüchtiges Trotzverhalten zeigen. Die Menschen können den an sie gestellten Anforderungen nach außen hin zustimmen, doch erfüllen sie die Aufgaben aufgrund einer passiven Verweigerungshaltung oft nicht. Oft beklagen sich die Menschen über ihr eigenes Unglück. Die Persönlichkeitsstörung kann sich mit vielen Facetten zeigen:
- anderes Verhalten als gewünscht
- mürrische Mimik und ablehnende Gestik in der sozialen Interaktion
- häufiges Hinterfragen von unrelevanten Zusammenhängen
- Unwohlgefühl im beruflichen und sozialen Umfeld
- Provozieren von Streit
- heftige Reaktion auf kleine Reize
- Nichtannahme konstruktiver Vorschläge
- offener Ausdruck von Neid gegenüber anderen Menschen.
Die Persönlichkeitsstörung macht sich im familiären, beruflichen und sozialen Umfeld der Betroffenen bemerkbar.
Geringe Ausprägung von sozialen Kompetenzen
Menschen mit einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung finden sich in vorhandenen sozialen Beziehungen nicht wieder und fühlen sich unwohl. Ihren Ärger zeigen sie mit Trotzverhalten. Dabei fehlt ihnen jede Lösungsorientierung. Die natürliche Durchsetzung der eigenen Bedürfnisse auf natürlichem Wege und die sozialen Kompetenzen im Umgang mit Ärger und Wut sind nur geringfügig ausgeprägt.
Statt zu argumentieren, zeigen die Menschen ein inszeniertes Klagen. Menschen, denen es besser zu gehen scheint, begegnen die Menschen mit einer negativistischen Persönlichkeitsstörung mit Neid, Groll und Trotz. Vermutet wird, dass die Menschen mit einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung über ein geringes Selbstwertgefühl verfügen. Persönliche Enttäuschungen werden häufig auf andere projiziert.
Persönlichkeitsstörung ist umstritten
Es ist umstritten, ob es sich bei einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung tatsächlich um eine Persönlichkeitsstörung handelt. Die Weltgesundheitsorganisation stuft diese Störung unter „sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen“ ein. Die Diagnose der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung ist im Zweiten Weltkrieg entstanden. Soldaten verweigerten unter anderem den Einsatz an der Front.
Entstehung der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung
Über eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung liegen bislang wenige Forschungsarbeiten vor. Das erschwert eine Diagnose. Vermutet wird, dass die Ursachen schon in der Kindheit liegen oder in der späteren Entwicklung basieren. Das Gefühl, gesellschaftlich oder sozial benachteiligt zu sein, aber auch traumatische Erfahrungen können zu einer solchen Persönlichkeitsstörung führen. Die negativistische Persönlichkeitsstörung kann mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung zusammenhängen.
Ein wichtiges Merkmal der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung ist ein Trotzverhalten, wie es bereits in der Pubertät zu finden ist, das sich aber weiterhin manifestiert. Nicht immer erfolgt das Verhalten der betroffenen Menschen bewusst. Die Betroffenen können etwas zwar gut meinen und richtig tun wollen, doch unbewusst tun sie das Gegenteil von dem, was sie eigentlich wollen. Sich selbst sehen die betroffenen oft als friedfertig. Sie halten ihr passiv-aggressives Auftreten für gesellschaftskonform.
Ursachen der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung
Die Ursachen der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung sind noch nicht vollständig erforscht. Vermutet wird ein Zusammenspiel von biologischen, umweltbezogenen und psychischen Faktoren bei der Entstehung. Die Betroffenen wollen vermutlich in zwischenmenschlichen Beziehungen ihren Ärger ausdrücken. Sie kennen möglicherweise aber keine angemessene Art, es zu tun. Sie verweigern sich daher passiv den Wünschen und Anforderungen anderer Personen. Der eigentliche Grund für den Ärger wird durch dieses Verhalten nicht beseitigt. Es kommt stattdessen zu weiteren zwischenmenschlichen Konflikten.
Akzeptanz der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung in der Gesellschaft
In Deutschland gelten kritische Grundhaltungen und Trotzverhalten fast schon als gesellschaftskonform. Die Verhaltensweisen von Personen mit einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung, die in der Gesellschaft oder im Beruf aktiv sind, zeigen sich mit
- extremem Beschwerdeverhalten
- Streitlust vor Gericht
- häufigen Drohungen mit Klagen oder Anwalt
- Beharren auf seinen Rechten
- Aufbegehren gegen Benachteiligung und Diskriminierung.
Viele Menschen in Deutschland akzeptieren eine solche Persönlichkeitsstörung. Dennoch ist eine solche Störung schwerwiegend. Die Betroffenen schaden sich selbst, da sie mit ihrem Verhalten ihr persönliches Glück negativ beeinflussen und sich um persönliche sowie berufliche Chancen bringen. Auch auf die Mitmenschen wirkt sich die passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung negativ aus. Menschen mit einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung sind durch ihr Verhalten häufig im Job benachteiligt. Durch ihr negatives Verhalten können sie für das Unternehmen im Umgang mit Kunden, Geschäftspartnern und Mitarbeitern zu einem Negativ-Image führen.
Grenzen zur Normalität sind oft fließend
Die Grenzen zwischen Normalität und passiv-aggressiver Persönlichkeitsstörung sind oft fließend. Dabei wird unterschieden zwischen passiv-aggressiver Persönlichkeitsstörung und passiv-aggressivem Persönlichkeitsstil. Das Profil der betroffenen Menschen ähnelt sich. Menschen mit einem passiv-aggressiven Persönlichkeitsstil zeigen oft eine gesunde Skepsis gegenüber Neuem und gegenüber besonderen Anforderungen.
Sie unterstützen nach außen hin oft die Ansichten anderer. Die passiv-aggressiven Personen reagieren jedoch oft mit Kritik oder Skepsis, wenn damit Anforderungen an sie selbst gestellt werden. Sie zeigen häufig eine zögerliche, pessimistische Einstellung, die sie meistens mit rationalen Argumenten begründen, im Gegensatz zu Menschen mit einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung. Die skeptische, vorausdenkende Haltung und die gesunde Skepsis können, anders als das Verhalten von Menschen mit einer negativistischen Persönlichkeitsstörung, durchaus Anerkennung finden.
Diagnose der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung
Es ist für Psychologen und Psychotherapeuten oft schwer, eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren und von einem passiv-aggressiven Persönlichkeitsstil abzugrenzen. Es handelt sich um ein tiefgreifendes Muster negativer Einstellungen. Die Merkmale können sich in vielen verschiedenen Situationen zeigen. Eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung liegt vor, wenn mindestens vier dieser Merkmale zutreffen:
- Betroffene widersetzen sich passiv der Erfüllung an sie gestellter sozialer und beruflicher Routineaufgaben
- Betroffene beklagen sich, dass sie von anderen missverstanden und missachtet werden
- mürrisches und streitsüchtiges Verhalten
- unangemessene Kritik an Autoritäten und Verachten von Autoritäten
- Neid und Groll gegenüber Menschen, die nach Ansicht der Betroffenen mehr Glück und Erfolg haben
- übertriebenes Klagen über persönliches Unglück
- Wechsel zwischen feindseligem Trotz und Reue.
Über die Häufigkeit der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung liegen nur wenige Untersuchungen vor. Eine Studie nimmt eine Häufigkeit von fünf Prozent in der Bevölkerung an.
Behandlung der passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung
Um den Betroffenen mit einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung zu helfen, gibt es psychotherapeutische Ansätze. Die Betroffenen sollen lernen, wieder mehr Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen zu entwickeln. Allmählich können die Betroffenen lernen, dass zwischenmenschliche Beziehungen im privaten und beruflichen Bereich nicht nur mit negativen Aspekten behaftet sind. Sie sollten erfahren, dass es auch positive Aspekte wie gegenseitige Hilfe gibt. Im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung wird den Betroffenen auch verdeutlicht, dass sie in der Partnerschaft und im Beruf auch Verpflichtungen haben.
An der Verbesserung der Loyalität in zwischenmenschlichen Beziehungen wird gearbeitet. Die Therapie soll auch die Spontanität und die Risikobereitschaft der Betroffenen fördern, da diese Personen oft die Bereitschaft zum spontanen Handeln und die Lebensfreude verloren haben. Die Betroffenen müssen ihr Vermeidungsverhalten aufgeben und Mut haben, neue Dinge auszuprobieren, auch wenn sie dabei ein Risiko eingehen.
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Fazit: Persönlichkeitsstörung mit negativer Einstellung und trotzigem Verhalten
Eine passiv-aggressive Persönlichkeitsstörung tritt einer Studie zufolge etwa bei fünf Prozent der Bevölkerung auf. Über diese Persönlichkeitsstörung liegen bislang wenige Forschungsergebnisse vor. Die Störung beginnt oft schon in der Kindheit und kann durch ein traumatisches Erlebnis oder das Gefühl, gesellschaftlich oder sozial benachteiligt zu sein, ausgelöst zu werden. Die Grenzen zur Normalität, zu einem passiv-aggressiven Persönlichkeitsstil, sind fließend.
Die Persönlichkeitsstörung macht sich mit einer passiven Verweigerung gegenüber gestellten Aufgaben, einer negativen Grundeinstellung und einem mürrischen, oft streitsüchtigem Verhalten bemerkbar. Die Betroffenen reagieren oft trotzig und widersetzen sich gegen Autoritäten. Sie haben häufig Schwierigkeiten im Beruf und in der Partnerschaft. Als Behandlung kommt eine Psychotherapie in Frage. Die Betroffenen sollen wieder mehr Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen gewinnen.
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